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Freitag, April 19, 2024

Red Bull Romaniacs 2021 – Achtung Rutschgefahr!

Die Red Bull Romaniacs sind traditionell das längste und anstrengendste Rennen der Hard Enduro Saison und für die 18. Ausgabe haben sich Veranstalter Martin Freinademetz und sein Team noch mehr einfallen lassen um die Fahrer tiefer in die Karpaten zu führen als jemals zuvor. Heute, am frühen Mittwochmorgen fiel der Startschuss zum ersten Offroad Tag der Red Bull Romaniacs “Vertical Madness Reloaded”.

Ziemlich unerwartet regnete es letzte Nacht und die Karten wurden vor dem ersten Offroad Tag noch mal neu gemischt. Der erste Offroad Tag startete unter dem Motto: “Achtung Rutschgefahr!” Als die ersten  Fahrer den Fluss Olt über die altbekannte Stahlbrücke überquerten, waren die Berge noch wolkenverhangen und im Tal hatte sich dichter Nebel ausgebreitet. Noch bevor die Motoren überhaupt warm waren, führte die Strecke die Fahrer der Gold-Klasse direkt auf den “Sheep Trail”, ein Warm-up im Romaniacs Style: über unzählige, steinige Spitzkehren ging es den schmale Pfad extrem steil nach oben. Die Steine waren vom Regen und Nebel nass und besonders glatt. Das ausgesetzte Gelände ließ keine Fehler zu und zwang die Fahrer von Anfang an mit voller Konzentration dabei zu sein. Alfredo Gomez musste den Tag eröffnen und wurde von Teodor Kabakchiev gejagt, der ihm schon bald dicht auf den Fersen war. Wade Young, der gestern die Qualifikation für sich entschieden hatte, spielte dahinter mit Titelverteidiger Manuel Lettenbichler Katz und Maus. Die eigentliche Schlüsselstelle auf dem Weg zum Servicepoint war der Abschnitt “Sheep Farmer”, ein kurzer, heftiger Anstieg, für den alle vom Bike mussten.
Wade Young und Manuel Lettenbichler pushten sich gegenseitig bis zum Service-Punkt, das Duell konnte Wade mit einer Motorradlänge Vorsprung für sich entscheiden. Und auch wenn es nicht für die schnellste Zeit gereicht hatte, lief es für Manuel Lettenbichler nach Plan: “Ich bin gut in den Tag gestartet, die Pace ist wahnsinnig hoch und bis jetzte sind wir alle noch sehr dicht beieinander.”

Nach den obligatorischen 20 Minuten Pause am Service ging es auf schnelleren Pfaden durch die wunderschöne Landschaft der “Toscana Hills”. Im Anschluss an den anstrengenden Vormittag schienen die Strecken-Manager doch etwas erbarmen zu haben. Wer die Romaniacs kennt, weiß jedoch dass das nie lange anhält. Für die Fahrer der Gold-Klasse kam der Weckruf in Form von “Martins Idea”. Danach folgten ikonische Streckenabschnitte wie zum Beispiel “Dammed Dam”, “Broke back Mountain” und “The Impossible”. Die letzten anderthalb Stunden bis zum Ziel waren das, was Martin Freinademetz als „waschechte Gold-Strecke“ bezeichnet. 
Graham Jarvis bewies, dass er nicht ohne Grund als König der Karpaten gilt. Sobald es richtig anspruchsvoll wird, taucht er wie aus dem Nichts ganz vorne auf. Da er nur als sechster gestartet war und als Erster die letzte Abfahrt zum Ziel herunter kam, war klar, dass die schnellste Zeit des Tages auf sein Konto gehen wird. Die Plätze zwei und drei gingen heute an Manuel Lettenbichler und Wade Young. 
Graham Jarvis: “Der Tag lief optimal, mein Bike hat super funktioniert und ich bin gut gefahren. Ich bin als sechster gestartet und konnte alle überholen. Am ersten Tag habe ich noch die meiste Energie, deshalb musste ich heute alles geben. Ich werde die nächsten Tage zwar müde sein, aber jetzt bin ich erstmal happy.”

Manuel Lettenbichler:
“Nach dem Service bin ich zusammen mit Graham (Jarvis) wieder auf die Anderen aufgelaufen, wir haben uns dann gut durchgekämpft und konnten Alfredo (Gomez) und Wade (Young) übrholen. Durch den hohen Speed den wir fahren, ist es wirklich anstrengend. Und ziemlich heiß ist es ja auch. Alles in allem war es ein guter Start in die Woche für mich.”

Die Silber-Klasse hatte 123 Kilometer klassische Romaniacs-Strecken zu bewältigen. Der Wechsel zwischen Auf- und Abfahrten und flüssigen Strecken, ermöglichte den Fahrern zumindest ein kurzes Durchatmen bevor sie die nächste Überraschung erlebten. Nick Fahringer (USA) und Toniu Mulec (SVN) hatten den ganzen Tag über einen spannendes Duell, das erst in der letzten Sektion vor dem Ziel entschieden wurde. Hier konnte sich Fahringer absetzen und den ersten Platz nach Hause bringen. Mulec wurde Zweiter und Jamie Lewis (GBR) belegte Platz drei. Emanuel Gyenes, der zum 18. mal bei den Romaniacs am Start steht, musste heute seine mechanischen Fähigkeiten unter Beweis stellen, nachdem er sich zweimal den Kupplungshebel abgebrochen hatte. Trotzdem kam er noch auf Platz 14 ins Ziel. Bester Deutscher in der Silber-Klasse wurde Rookie Max Faude: “Ich bin als 18. gestartet und konnte ziemlich gut nach vorne fahren, bis mich ein Sturz ausgebremst hat und ich ein paar Minuten Pause machen musste, ich kam als zehnter ins Ziel. Morgen geht’s weiter!” Der österreichische Ski-Star Marcel Hirscher konnte das Rennen nach einem Sturz heute nicht beenden.

Die Bronze-Fahrer hatten einen langen Tag vor sich und mussten 130 Kilometer absolvieren. Von ihrem Vormittag waren sie begeistert. Die Strecke war schnell und größtenteils trocken, mit einigen schwierigen Auf- und Abfahrten, vor allem die letzte Abfahrt ins Ziel hatte es in sich. Hier wurde den Berg herunter geschlittert was das Zeug hielt und es war recht belebt, da die Strecken von verschiedenen Klassen hier zusammen kamen. Pol Tarres ließ es zu Beginn noch etwas langsamer angehen, kam dann im Laufe des Tages aber immer besser in Fahrt und manövrierte seine schwere Yamaha Tenere 700 fast schon spielerisch durch das technische Gelände. Bis zum Service lag der Deutsche Valentin Rehrl in Führung. Eingebremst von Stürzen musste er sich im Ziel jedoch mit Platz drei begnügen: “Das wichtigste für mich ist es einen guten Fluss zu finden und konstant durch zu fahren. Die Bedingungen sind perfekt, im Wald ist es schön griffig nur die Wiesen waren am Morgen noch ziemlich nass und rutschig. Nach dem Service bin ich im hohen Gras zweimal gestürzt, da muss man echt vorsichtig fahren, das hab ich jetzt auch gelernt.”

Die Iron und die Atom Klasse hatten einen schwierigen Start und die Fahrer kämpften mit den rutschigen Bodenverhältnissen, sodass die Energiereserven früh aufgebraucht waren. Am Nachmittag waren die Fahrer froh, auf flowigen Trails zurück zum Ziel fahren zu können. Beide Klassen hatten heute zum Einstieg etwas kürzere Renndistanzen.

Trotz der heutigen bereits anstrengenden 116 km, 9347 Höhen- und 9408 Tiefen-Metern werden die Gold-Fahrer bald merken, dass es die nächsten Tage über nicht einfacher wird. Martin und die Strecken-Manager haben noch einige der härtesten Streckenabschnitte wie „Galindo Hill“, „Babysitter“, „Lost World“ und „Kill ‚em all“ in der Hinterhand. Morgen wird in Gura Raului die erste Marathon-Biwak-Etappe in der Romaniacs Geschichte gestartet, dadurch kann die Rallye in ganz neue Gebiete tief in den Karpaten vorstoßen. Nach dem Service-Point am Offroad Tag 2 sind alle Teilnehmer auf sich alleine gestellt, bis sie am dritten Offroad Tag wieder von ihrer Crew beim Service in Empfang genommen werden.

Martin Freinademetz: „Heute war der erste richtige, lange Offroad-Tag von “Vertical Madness Reloaded” 2021.  Es war definitiv ein schöner Renntag, was sich auch in den Ergebnissen widerspiegelt, denn die Mehrheit der Teilnehmer konnte das Rennen heute beenden. Nur die Silber-Klasse schien ein wenig leiden zu müssen: Wir hatten trockene Bedingungen erwartet, aber ein kurzes Gewitter in der Nacht machte die Strecke recht anspruchsvoll und es wurde nass genug, um rutschig zu sein. Dafür war es nicht mehr staubig. Auch heute Abend sind in einigen Gebieten wieder Gewitter zu erwarten. Wir werden morgen trotzdem die volle Länge fahren. Der erste Tag ist normalerweise recht kritisch und die Fahrer sind gerne mal etwas zu schnell unterwegs. Vielleicht hat der rutschige Boden sie heute vorsichtiger gemacht. Der Kampf um die Führung war sehr anspruchsvoll, man konnte sehen, wie der “König der Karpaten” (Graham Jarvis) an jedem Kontrollpunkt näher an die Führung herankam, und sie am Ende übernahm. Mani, der sich im letzten Jahr als Favorit etabliert hat, war ebenfalls gut unterwegs. Morgen geht es auf die Marathon-Etappe, im Finish sind die Fahrer auf sich alleine gestellt. Nur sie und ihr Zelte, keine Familien, Ehefrauen oder Support Crews. Das Wetter sieht gut aus, ich denke, wir werden eine schöne Zeit haben und ich freue mich schon darauf!“ 

Foto:Dragos Dumitru

Denis Guenther
Denis Guenther
Denis Günther ist der Kopf vom motorsport-life.com Network. Seit 2003 hauptberuflich im Motorsport tätig ist er auf allen Rennstrecken in Europa zuhause. Egal ob Tourenwagen oder Endurosport, in allen Bereichen ist er der Experte.